Hochsensibilität und Elektrosensibilität

In diesem Blog-Beitrag möchte ich auf das Thema Hochsensibilität eingehen im Kontext der Elektrosensibilität.

Hochsensibilität

Hochsensibilität (auch Hochsensitivität) bezeichnet ein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal bei ca. 15-20% der Bevölkerung. Der Begriff wurde von der US-amerikanischen Psychologin Elaine N. Aron etabliert (engl. HSP – Highly sensitive person). Elaine Aron verwendet auch den eher wissenschaftlichen Begriff „sensory-processing sensitivity“, was die Veranlagung genauer beschreibt, denn Hochsensible verarbeiten Gehirnreize anders als nicht-hochsensiblen Menschen. Reize werden stärker und tiefer wahrgenommen (sensorisch, emotional, kognitiv), was zu früherer Erschöpfung bzw. irgendwann zu Überstimulation führen kann, wenn man sich nicht rechtzeitig der Situation/den Reizen entzieht.
Den richtigen Umgang mit Reizen im Alltag zu lernen ist (um Überstimulation zu vermeiden), ist zentral für Hochsensible, um diese als wirkliche Bereicherung anstatt einer Beschränkung zu erfahren.
Die Eigenschaften von Hochsensiblen werden in der heutigen westlichen Leistungsgesellschaft meistens nicht besonders gefragt bzw. wertgeschätzt (wegen Wettbewerb, Fokus auf kurzfristige Erfolge, Überstimulation, steigender Druck). Laut E. Aron wird Sensibilität und Introvertiertheit in asiatischen Ländern wie Japan mehr geschätzt.

Wichtig ist, dass man überhaupt weiß, dass man selber hochsensibel ist, da man sonst schnell Gedanken bekommen kann wie „Mit mir stimmt etwas nicht“. Dieses Gefühl haben wohl die meisten Hochsensiblen gehabt, als noch nichts über diese Veranlagung wussten. Zu erfahren, dass man selber Hochsensibel ist und zu lernen damit umzugehen kann ziemlich lebensverändernd sein.

Elaine Aron hat folgenden Test ausgearbeitet, mit dem man prüfen kann, ob man selber hochsensibel ist:

  • Ich nehme Feinheiten um mich herum war.
  • Die Launen anderer machen mir etwas aus.
  • Ich neige zu Schmerzempfindlichkeit.
  • Koffein wirkt sich besonders stark auf mich aus.
  • Ich habe ein reiches, komplexes Innenleben.
  • Laute Geräusche rufen ein Gefühl des Unwohlseins in mir hervor.
  • Kunst und Musik können mich tief bewegen.
  • Ich bin gewissenhaft.
  • Ich erschrecke leicht.
  • Veränderungen in meinem Leben lassen mich aufschrecken und beunruhigen mich.
  • Wenn viel um mich herum los ist, reagiere ich schnell gereizt.
  • Ich bin sehr darum bemüht, Fehler zu vermeiden bzw. nichts zu vergessen.
  • Es nervt mich sehr, wenn man von mir verlangt mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen.
  • Ich werde fahrig, wenn ich in kurzer Zeit viel zu erledigen habe.
  • Ich achte darauf, mir keine Filme und TV-Serien mit Gewaltszenen anzuschauen.
  • An stressigen Tagen muss ich mich zurückziehen können – ins Bett oder in einen abgedunkelten Raum bzw. an irgendeinen Ort, an dem ich meine Ruhe habe und keinen Reizen ausgesetzt bin.
  • Helles Licht, unangenehme Gerüche, laute Geräusche oder kratzige Stoffe beeinträchtigen mein Wohlbefinden.
  • Wenn Menschen sich in ihrer Umgebung unwohl fühlen, meine ich zu wissen, was getan werden müsste, damit sie sich wohl fühlen (wie zum Beispiel das Licht oder die Sitzposition verändern).
  • Ein starkes Hungergefühl verursacht heftige Reaktionen, es beeinträchtigt meine Laune und meine Konzentration.
  • Ich bemerke und genieße feine und angenehme Gerüche, Geschmacksrichtungen, Musik und Kunstgegenstände.
  • Als ich ein Kind war, schienen meine Eltern und Lehrer mich für sensibel und schüchtern zu halten.
  • Es zählt zu meinen absoluten Prioritäten, mein tägliches Leben so einzurichten, dass ich aufregenden Situationen oder solchen, die mich überfordern, aus dem Weg gehe.
  • Wenn ich mich mit jemandem messen muss oder man mich bei einer Ausübung einer Arbeit beobachtet, werde ich so nervös und fahrig, dass ich viel schlechter abschneide als unter normalen Umständen.

(Fragen aus dem Buch „Sind Sie hochsensibel?“ von Elaine N. Aron, S. 21-24)

Auswertung: Laut Elaine Aron ist man wahrscheinlich hochsensibel, wenn man zwölf oder mehr Fragen mit „zutreffend“ beantwortet hat. Es kann aber auch sein, dass nur wenige Aussagen zutreffen und dafür umso stärker. Auch dann kann es sein, dass man hochsensibel ist. Falls du hochsensibel bist: Es gibt jede Menge Informationen und Unterstützung im Internet und in Büchern, Seminaren usw. Ich habe hier einige Links und Tipps für den Alltag zusammengefasst.

Mehr Informationen gibt es unter anderem hier:

Tipps für den Alltag

  • Zeitdruck verringern: Genügend Zeit vor Terminen einplanen (Puffer). Wenn schon absehbar ist, dass ein stressiger Tag kommt, dann versuchen den Tag davor entspannter zu gestalten und sich gut vorzubereiten.
  • Perfektionismus vs. Paretoprinzip (Wikipedia Artikel) – Wo investiere ich meine Zeit? Was soll mein Fokus sein? Behalte den Fokus und verliere dich nicht in kleinen (unwichtigen) Details
  • Vermeiden sich mit anderen zu vergleichen
  • Meditation (im hier und jetzt leben)
  • Regelmäßige Auszeiten einplanen (wöchentlich und jährlich).
  • Routine in den Alltag bringen (z.B. immer zur gleichen Zeit aufstehen, und Schlafengehen, …)
  • Vor dem Schlafengehen den Tag abklingen lassen und abends keine aufwühlenden Filme, Nachrichten und ähnliches mehr anschauen.
  • Angenehmes Umfeld schaffen (aufräumen, ausmisten, lüften, …)
  • Erholung in der Natur, besonders im Wald. In der Nähe von Wasser zu sein, scheint auf viele Hochsensible beruhigend zu wirken.
  • Ausgewogene Ernährung.
  • Verkehr: Vermeiden während den Hauptverkehrszeiten mit dem Auto/Bahn zu fahren. Längere Autofahrten wenn möglich auf einen Sonntag legen (weniger Verkehr, da keine LKWs unterwegs sind)
  • Bei störenden Geräuschen, auf die man keinen Einfluss hat (z.B. Baustelle): Naturgeräusche als MP3, Ohrstöpsel
  • Nachrichten: Wie viel möchte man sich den Nachrichten aussetzen (Gewalt, Bilder, Skandale etc.)? Evtl. ist eine wöchentliche Zusammenfassung besser (Wochenzeitung), falls es einem wichtig ist zu wissen was alles in der Welt passiert. Der Fokus ist bei Nachrichten-Angeboten leider oft auf das, was am meisten Klicks/Käufer anzieht und nicht was inhaltlich am relevantesten ist. Das sind dann oft gehypte, emotionale Themen, bei denen man aber nicht viel verpassen würde. Eine interessante Alternative sind hier die Nachrichten auf der Wikipedia Startseite.
  • Kleidung: Bequeme Kleidung. Wenn man etwas Passendes gefunden hat, evtl. auf Vorrat nochmal kaufen, um den Stress bei der Kleidersuche nicht immer wieder zu haben.
  • Lernen Grenzen zu setzen / „Nein“ zu sagen

Hochsensibilität und Elektrosensibilität

Aus meiner eigenen Beobachtung im persönlichen Umfeld heraus scheint es zu sein, dass es unter den Elektrosensiblen relativ viele Hochsensible gibt. Ob das wirklich so ist, oder ob es nur die 15-20% sind, kann ich nicht belegen, da ich keine wissenschaftliche Untersuchung dazu kenne. Letztendlich ist auch nicht so entscheidend. Es würde mich aber nicht wundern, denn Elektrosensible scheinen früher auf den schädlichen Einfluss von elektromagnetischer Strahlung zu reagieren wie der Rest – genauso wie Hochsensible schneller/intensiver auf Reize reagieren. Für die Hochsensiblen unter den Elektrosensiblen ist es auf jeden Fall wichtig zu wissen, ob sie selber hochsensibel sind, da alleine schon diese Erkenntnis zu mehr Lebensqualität führen kann. Es lohnt sich also in diesem Fall sich tiefer mit dem Thema zu beschäftigen.

Ein Gedanke zu „Hochsensibilität und Elektrosensibilität

  1. Guten Tag, ich freue mich sehr auf Ihrer Seite eine Verbindung der Hypersensibilität und EHS gefunden zu haben. Ich selber „leide“ seit 2009 an EHS bedingten Einschränkungen, u.a. Schlafstörungen. Ein versuch dies diagnostisch anerkennen zu lassen ist gescheitert, da selbst ein „Umweltmediziner“ nach Auschlussdiagnosen keine Erklärung geben konnte, aber vor der offiziellen Diagnose zurückwich. Schade, denn mein Anliegen war durch diese „Bescheinigung“ auch bei meinem Arbeitsgeber einen sensibleren Umgang mit Elektrosmog, Strahlen, WLAN etc. zu bewirken. Ich würde mich über Austausch zu offiziellen ICD 10 Diagnosen sehr freuen.
    Viele Grüße

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